Sydney/ Australien: Neue Forschungsergebnisse der Lambert-Initiative der Universität Sydney zeigen, dass die meisten Cabnnabis-Patient*innen in Australien immer noch mit illegalem Cannabis behandelt werden. Doch die Zahl derer, die auf verschreibungspflichtige Produkte zurückgreifen, ist seit der letzten Erhebung drastisch gestiegen. Das australische Gesetz zur medizinischen Verwendung von Cannabis ist dem deutschen sehr ähnlich. Es stützt sich unter anderem auf Daten der begleitenden CAMS-Erhebung (CAMS- Cannabis as Medicine Survey), deren Ergebnisse seit 2016 alle zwei Jahre neu erhoben und veröffentlicht werden. Die dritte Umfrage zu Cannabis als Medizin (CAMS20) folgte auf CAMS16 und CAMS18 und umfasste 1.600 Personen, die zwischen September 2020 und Januar 2021 medizinisches Cannabis verordnet bekamen.

Die Studie wird in Zusammenarbeit des Fachbereichs Suchtmedizin und der Lambert-Initiative für Cannabinoid-Therapeutika an der Universität von Sydney durchgeführt. Die neusten CAMS-Ergebnisse wurden kürzlich im Harm Reduction Journal veröffentlicht. Die Umfrageergebnisse ergaben, dass 37 Prozent der Befragten ein legales Rezept für medizinisches Cannabis erhalten hatten. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den 2,5 Prozent der Befragten, die im Rahmen der CAMS-Umfrage 2018 (CAMS18) über einen legalen Zugang zu medizinischem Cannabis verfügten.

"Die Daten deuten darauf hin, dass wir einen Übergang von der illegalen zur legalen Einnahme von medizinischem Cannabis erlebt haben",

so Studienleiter Prof. Nicholas Lintzeris von der Fakultät für Medizin und Gesundheit an der Universität Sydney.

"Bei der Umstellung auf verschreibungspflichtige Produkte wurden eine Reihe von Vorteilen festgestellt, insbesondere wenn die Konsumenten über sicherere Einnahmemöglichkeiten von medizinischem Cannabis berichteten. Personen, die illegales Cannabis konsumierten, rauchten ihr Cannabis mit größerer Wahrscheinlichkeit, während Personen, die verschriebene Produkte verwendeten, eher orale konsumierten oder verdampftes Cannabis nutzten, was einen gesundheitlichen Vorteil der Verwendung verschriebener Produkte hervorhebt", sagte Lintzeris weiter. Insgesamt berichteten 95 Prozent der Befragten über positive Ergebnisse ihres medizinischen Cannabiskonsums. Vergleichbare Studien in Deutschland und den USA kamen jüngst zu ähnlichen Ergebnissen.

Chronische Schmerzen als häufigste Indikation

Der häufigste Verordnungsgrund waren den Zahlen der Australischen Arzneimittelbehörde TGA (Therapeutic Goods Administration) zufolge, wie in Deutschland übrigens auch, chronische Schmerzen. Teilnehmende, die illegale Produkte konsumierten, behandelten eher psychische Erkrankungen oder Schlafstörungen. Nur 24 Prozent der Patienten mit einer ärztlichen Verordnung gaben an, dass der der Zugang zu medizinischem Cannabis einfach oder unkompliziert für sie gewesen sei. Ein häufig geäußertes Problem waren die Kosten für den Zugang zu medizinischem Cannabis, die sich auf durchschnittlich 79 Dollar pro Patient*in und Woche beliefen. Personen, die sich illegal mit Cannabis therapierten, gaben oft an, keine Ärzte zu finden, die bereit sind, medizinisches Cannabis zu verschreiben. Ein Senatsausschuss, der sich seit 2020 speziell mit den Problemen von Cannabis-Patienten befasst hatte, bestätigt diesen Umstand als eine der signifikantesten Hürden der relativ neuen Therapieform.

"Die Verwendung von verschriebenem medizinischem Cannabis hat Vorteile gegenüber illegalem Cannabis", kommentierte Professor Iain McGregor, Akademischer Direktor der Lambert Initiative for Cannabinoid Therapeutics die neusten Erkenntnisse der Initiative. "Dazu gehören sicherere Einnahmewege, eine größere Sicherheit beim Zugang und eine bessere Kommunikation zwischen Patienten und Ärzten. Die Patienten können auch über die genaue THC/CBD-Verhältnis informiert werden, was bei illegalen Produkten problematisch ist. Es sollten weitere Anstrengungen unternommen werden, um Patienten von illegalen auf regulierte sowie qualitätskontrollierte Cannabisprodukte umzustellen."


Die US-Regierung hat angekündigt, Finanzierungsmöglichkeiten zur Erforschung des therapeutischen Potentials von medizinischem Cannabis bei Krebspatienten zu schaffen. In einer Bekanntmachung des National Institutes of Health (NIH) aus der vergangenen Woche berichtet die Behörde, dass aktuell ungefähr ein Viertel aller Krebspatienten angebe, Cannabis zur Linderung ihrer Symptome wie zum Beispiel Anorexie, Übelkeit und Schmerzen zu nehmen.

Das dem NIH unterstellte NCI (National Cancer Institute) soll die Rahmenbedingungen in Form einer Ausschreibung definieren. Das NIH beklagt, dass die Forschungsergebnisse zu gesundheitlichen Auswirkungen, einschließlich einer Schaden-Nutzen Abwägung, derzeit sehr überschaubar seien. Ziel der geplanten Ausschreibung sei, „die Forschung zum Verständnis der Mechanismen zu fördern, durch die Cannabis und Cannabinoide die Krebsbiologie, die Krebsabwehr, die Krebsbehandlung und -resistenz sowie das Management von Krebssymptomen beeinflussen".

Widersprüchliche Daten

"Studien zu anderen Krebsarten haben keinen oder einen widersprüchlichen Zusammenhang mit Cannabiskonsum gezeigt, aber diese Daten sind begrenzt", so das NIH in seiner Mitteilung. Die aktuellen, epidemiologischen Studien zu diesem Thema hätten begrenzte und widersprüchliche Ergebnisse geliefert. Beispielsweise könne Cannabisrauch zwar schädliche Inhaltsstoffe enthalten, werde aber nicht direkt mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko in Verbindung gebracht, heißt es in der Mitteilung. Zu den vermuteten Tumor hemmenden Eigenschaften schreibt das Institut:

"Krebszelllinienexperimente zeigen, dass THC und CBD viele Antitumoreffekte aufweisen können, einschließlich der Apoptoseinduktion und der Hemmung von Zellproliferation, Invasion und Angiogenese. Diese Anti-Tumor-Aktivitäten haben zu ersten klinischen Tests von THC und CBD bei Glioblastom und Prostatakrebs geführt."

Die in Cannabis enthaltenen Substanzen wirkten sich auf das Endocannabinoid-System aus, das eine Rolle beim Ablauf vieler krebsrelevanter Prozesse, wie Zellproliferation, -motilität und -überleben spiele, heißt es in der Bekanntmachung weiter.

Acht Forschungsschwerpunkte auserkoren

Das NCI hat eine Liste mit acht Themenbereichen erarbeitet, die sie zukünftig von Forschenden untersuchen lassen möchte.

- Auswirkungen von exogenem Cannabis und Cannabinoiden auf die Krebsentwicklung (Präneoplasie bis Malignität) und die Biologie, einschließlich der Mikroumgebung des Tumors

- Verstehen, wie endogene Cannabinoidwege die Krebsentwicklung und -biologie beeinflussen

- Definition der Auswirkungen von Cannabis und Cannabinoiden auf die Krebsbehandlung (insbesondere gezielte Behandlungen und Immuntherapie) und die Entwicklung von Behandlungsresistenz

- Verwendung von Cannabis und Cannabinoiden bei der Krebsbekämpfung und Beschreibung, wie Endocannabinoid-Signalwege die Entstehung von Krebs im Frühstadium verhindern können;

- Wirkungsmechanismen von Cannabis und Cannabinoiden bei der Linderung von Symptomen von Krebs und Krebsbehandlung (wie Schmerzen, Übelkeit und Neuropathie);

- Kombinatorische Wirkungen von Cannabis und Cannabinoiden in Verbindung mit anderen Faktoren (z.B. Tabakbestandteile, Alkohol, Mikrobiom oder Ernährung) auf die Krebsbiologie, die Behandlung und das Symptommanagement

- Identifizierung der biologischen Mechanismen, die den geschlechts- oder ethnisch bedingten Unterschieden in der Wirkung von Cannabis und Cannabinoiden auf die Krebsbiologie, die Behandlung oder das Symptommanagement zugrunde liegen; und

- Entwicklung oder Validierung neuer und für den Menschen relevanter Modellsysteme zum Verständnis der Wirkung von Cannabis und Cannabinoiden in der Krebsbiologie, -behandlung oder -symptomkontrolle.

Laut dem NIH sei die Liste lediglich eine Leitlinie. Das Institut fordert die Forschenden auf, innerhalb des vorhandenen Rahmens weitere Forschungsziele zu erarbeiten. So werde nachdrücklich empfohlen, Studien, die Fachwissen aus verschiedenen Disziplinen integrieren, modernste, für den Menschen relevante Modelle (z. B. organoide oder vom Patienten stammende Xenotransplantatmodelle) einzubeziehen und fortschrittliche Technologien und Methoden zu nutzen.

Angesichts der Tatsache, dass Cannabis auf US-Bundesebene nach wie vor eine verbotene Substanz gemäß „Schedule I“ ist und somit, zumindest nach offizieller Lesart, keinerlei medizinischen Nutzen hat, werden Bekanntmachung und Ausschreibung des NIH von Experten als überraschend eindeutig bewertet.

 


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