Eine australische Kohorten-Studie zu Patienten mit komplexen, chronischen Erkrankungen belegt die Sicherheit oral eingenommer Cannabismedikamente. Die Teilnehmenden hatten zu Therapiebeginn keine Erfahrungen mit Cannabis und wurden über 24 aufeinander folgende Monate mit oral appliziertem, medizinischen Cannabismedikamneten behandelt. Die Studie belegt, dass oral eingenommenes Medizinalcannabis Symptome wie Schmerzen, Schlaf sowie das allgemeine Wohlbefinden bei den Patienten über 24 Monate hinweg verbessert hat. (mehr …)
Sydney/ Australien: Neue Forschungsergebnisse der Lambert-Initiative der Universität Sydney zeigen, dass die meisten Cabnnabis-Patient*innen in Australien immer noch mit illegalem Cannabis behandelt werden. Doch die Zahl derer, die auf verschreibungspflichtige Produkte zurückgreifen, ist seit der letzten Erhebung drastisch gestiegen. Das australische Gesetz zur medizinischen Verwendung von Cannabis ist dem deutschen sehr ähnlich. Es stützt sich unter anderem auf Daten der begleitenden CAMS-Erhebung (CAMS- Cannabis as Medicine Survey), deren Ergebnisse seit 2016 alle zwei Jahre neu erhoben und veröffentlicht werden. Die dritte Umfrage zu Cannabis als Medizin (CAMS20) folgte auf CAMS16 und CAMS18 und umfasste 1.600 Personen, die zwischen September 2020 und Januar 2021 medizinisches Cannabis verordnet bekamen.
Die Studie wird in Zusammenarbeit des Fachbereichs Suchtmedizin und der Lambert-Initiative für Cannabinoid-Therapeutika an der Universität von Sydney durchgeführt. Die neusten CAMS-Ergebnisse wurden kürzlich im Harm Reduction Journal veröffentlicht. Die Umfrageergebnisse ergaben, dass 37 Prozent der Befragten ein legales Rezept für medizinisches Cannabis erhalten hatten. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den 2,5 Prozent der Befragten, die im Rahmen der CAMS-Umfrage 2018 (CAMS18) über einen legalen Zugang zu medizinischem Cannabis verfügten.
"Die Daten deuten darauf hin, dass wir einen Übergang von der illegalen zur legalen Einnahme von medizinischem Cannabis erlebt haben",
so Studienleiter Prof. Nicholas Lintzeris von der Fakultät für Medizin und Gesundheit an der Universität Sydney.
"Bei der Umstellung auf verschreibungspflichtige Produkte wurden eine Reihe von Vorteilen festgestellt, insbesondere wenn die Konsumenten über sicherere Einnahmemöglichkeiten von medizinischem Cannabis berichteten. Personen, die illegales Cannabis konsumierten, rauchten ihr Cannabis mit größerer Wahrscheinlichkeit, während Personen, die verschriebene Produkte verwendeten, eher orale konsumierten oder verdampftes Cannabis nutzten, was einen gesundheitlichen Vorteil der Verwendung verschriebener Produkte hervorhebt", sagte Lintzeris weiter. Insgesamt berichteten 95 Prozent der Befragten über positive Ergebnisse ihres medizinischen Cannabiskonsums. Vergleichbare Studien in Deutschland und den USA kamen jüngst zu ähnlichen Ergebnissen.
Chronische Schmerzen als häufigste Indikation
Der häufigste Verordnungsgrund waren den Zahlen der Australischen Arzneimittelbehörde TGA (Therapeutic Goods Administration) zufolge, wie in Deutschland übrigens auch, chronische Schmerzen. Teilnehmende, die illegale Produkte konsumierten, behandelten eher psychische Erkrankungen oder Schlafstörungen. Nur 24 Prozent der Patienten mit einer ärztlichen Verordnung gaben an, dass der der Zugang zu medizinischem Cannabis einfach oder unkompliziert für sie gewesen sei. Ein häufig geäußertes Problem waren die Kosten für den Zugang zu medizinischem Cannabis, die sich auf durchschnittlich 79 Dollar pro Patient*in und Woche beliefen. Personen, die sich illegal mit Cannabis therapierten, gaben oft an, keine Ärzte zu finden, die bereit sind, medizinisches Cannabis zu verschreiben. Ein Senatsausschuss, der sich seit 2020 speziell mit den Problemen von Cannabis-Patienten befasst hatte, bestätigt diesen Umstand als eine der signifikantesten Hürden der relativ neuen Therapieform.
"Die Verwendung von verschriebenem medizinischem Cannabis hat Vorteile gegenüber illegalem Cannabis", kommentierte Professor Iain McGregor, Akademischer Direktor der Lambert Initiative for Cannabinoid Therapeutics die neusten Erkenntnisse der Initiative. "Dazu gehören sicherere Einnahmewege, eine größere Sicherheit beim Zugang und eine bessere Kommunikation zwischen Patienten und Ärzten. Die Patienten können auch über die genaue THC/CBD-Verhältnis informiert werden, was bei illegalen Produkten problematisch ist. Es sollten weitere Anstrengungen unternommen werden, um Patienten von illegalen auf regulierte sowie qualitätskontrollierte Cannabisprodukte umzustellen."
Cannabis basierte Arzneimittel werden immer wieder als vielversprechende und neuartige Therapeutika für Symptome und Komorbiditäten im Zusammenhang mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) genannt. Bislang gibt jedoch nur wenige klinische Beweise für ihre Wirksamkeit und Sicherheit bei ASS. Britische Forscher des Imperial College London haben erste Studienergebnisse zu den Veränderungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und dem Auftreten unerwünschter Ereignisse bei Patienten veröffentlicht, deren Autismus-Symptome im Rahmen einer Cannabis basierten Therapie behandelt wurden. (mehr …)
US- und deutsche Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen
Einer Online-Studie der Johns Hopkins University School of Medicine und der Realm of Caring Stiftung zufolge kann medizinisches Cannabis die Lebensqualität von Patienten deutlich verbessern.
Die Forschungsergebnisse, die im Fachjournal Frontiers in Pharmacology veröffentlicht wurden, deuten darauf hin, dass der Konsum von medizinischem Cannabis die Lebensqualität derjenigen verbessern kann, die zuvor mit bislang bewährten Therapien keine Linderung finden konnten.
Im Rahmen der Studie wurde die Teilnehmenden gebeten, einen anonymisierten Online-Fragebogen auszufüllen, um über ihre Erfahrungen der Cannabis-Therapie zu berichten. Von den 808 Studienteilnehmern berichteten 77 Prozent über positive Effekte der Cannabis-Therapie. 28 % von ihnen gaben an, dass sich ihre Schmerzen verringert haben, 18 Prozent berichteten von einem verbessertem Schlafverhalten und 22 Prozent von einer Linderung ihrer Angstzustände.
Die Teilnehmenden wurden auch aufgefordert, Probleme bei ihrer Therapie zu benennen. Hier waren Schwierigkeiten bei der ärztlichen Dosierempfehlung, das medizinische Wissen zu einzelnen Sorten, die verordnete Konsumform, mangelnde Informationsmöglichkeiten und die hohen Therapiekosten die am häufigsten angeführten Probleme bei der Therapie.
Ergebnisse ähneln der deutschen Begleitstudie des BfArM
In nahezu 75% der Fälle wurde durch die Anwendung von Cannabisarzneimitteln eine Besserung der Symptomatik erreicht.
Auch die im Juli veröffentliche Begleitstudie des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erwähnt eine deutlich messbare Steigerung der Lebensqualität:
„In nahezu 75% der Fälle wurde durch die Anwendung von Cannabisarzneimitteln eine Besserung der Symptomatik erreicht. Nebenwirkungen waren häufig, aber in der Regel nicht schwerwiegend. Müdigkeit und Schwindel (insbesondere bei Frauen) traten sehr häufig auf. In einem Drittel der Fälle wurde die Therapie vor Ablauf eines Jahres abgebrochen, hauptsächlich aufgrund fehlender Wirkung (38,5%). In 25,9% waren Nebenwirkungen der Abbruchgrund, in 20,2% das Versterben der Patientin bzw. des Patienten. In 70% der Fälle wurde eine Besserung der Lebensqualität berichtet. Mit Cannabisblüten behandelte Patientinnen und Patienten bewerten den Therapieerfolg grundsätzlich höher, brechen die Therapie seltener ab und geben seltener Nebenwirkungen an. Lediglich die Nebenwirkung „euphorisierende Wirkung“ wird dreimal häufiger berichtet als bei den anderen Cannabisarzneimitteln “, heißt es im Abschlussbericht zur vierjährigen Begleiterhebung. […].
Die positive Einschätzung zur therapeutischen Wirkung und zur Entwicklung der Lebensqualität ist für alle Patientinnen und Patienten, die über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr therapiert wurden, folgerichtig, da ansonsten die Therapie nicht fortgeführt worden wäre. Aufgrund der großen Meldelücke in der Begleiterhebung bleiben zunächst Daten der Krankenkassen abzuwarten, die Auskunft darüber geben, ob tatsächlich zwei Drittel der genehmigten Therapien über einen Zeitraum von einem Jahr fortgeführt wurden.“.
Allerdings weist das BfArM, ähnlich wie die Beteiligten an der neusten Studie zur Wirkung von Cannabinoiden bei entzündlichen Herzerkrankungen, auf den Mangel und die unbedingte Notwendigkeit zukünftiger klinischer Studien hin. Daten solcher Erhebungen könnten klinische Studien auf keinen Fall ersetzen. Sie seien allenfalls eine wertvolle Grundlage zur Planung solcher Studien.
Patient*innen mit einer chronischen Hepatitis-C-Virusinfektion (HCV) haben ein erhöhtes Risiko, Stoffwechselstörungen zu entwickeln. Fettleibigkeit ist ein wichtiger Risikofaktor für diese Störungen. Deshalb spielt die Kontrolle des Körpergewichts im Rahmen einer Therapie eine entscheidende Rolle. Cannabiskonsum wurde in verschiedenen Bevölkerungsgruppen mit einer geringeren Körperfülle in Verbindung gebracht. Dieser Zusammenhang ist jedoch bei Personen mit chronischer HCV-Infektion noch nicht untersucht worden.
Daten von Patient*innen aus einer Versuchsgruppe mit einer chronische HCV-Infektion wurden, basierend auf einer französischen Kohortenstudie zu HCV aus dem Jahr 2012, auf einen umgekehrten Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Taillenumfang sowie Übergewicht als auch Adipositas untersucht. Die Forscher*innen untersuchten durch Verwendung linearer Regressionsmodelle auch das Verhältnis zwischen Cannabiskonsum, Taillenumfang und BMI (Body Mass Index) als kontinuierliche Variablen. Die vielversprechenden Ergebnisse zur Auswirkung von Cannabiskonsum bei HCV-Patient*innen wurden kürzlich vollumfänglich im Journal of Cannabis Research veröffentlicht.
Positiver Effekt von Cannabis auf den BMI
Von den 6348 Teilnehmer*innen der Studienpopulation wiesen 55 % eine zentrale Fettleibigkeit auf und 13,7 % wiesen gemäß ihres BMI eine Fettleibigkeit auf. Unter den Probanden waren 12,4 % aktuelle Cannabiskonsumenten. Nach multivariabler Anpassung war der aktuelle Cannabiskonsum mit einem geringeren Risiko für zentrale Fettleibigkeit, BMI-basierte Fettleibigkeit und Übergewicht verbunden. Dies galt auch für Teinehmer*innen mit zurückliegendem Konsum, allerdings in geringerem Maße. Früherer und aktueller Cannabiskonsum standen in umgekehrtem Zusammenhang mit dem Taillenumfang und dem BMI.
Die Studie legt nah, dass aktueller oder zurückliegender Cannabiskonsum bei Patient*innen mit chronischer HCV-Infektion durchweg mit einem geringeren Taillenumfang, einem niedrigeren BMI und einem geringeren Risiko für Übergewicht, Adipositas und zentraler Adipositas verbunden waren. Die Forscher*innen fordern nun Längsschnittstudien, um diese Zusammenhänge zu bestätigen und die Auswirkungen des Cannabiskonsums auf das Körpergewicht sowie die Leberwerte nach der HCV-Heilung zu bewerten.
Die Verabreichung einer äußerlich angewendeten, aus pflanzlichen Cannabis gewonnenen CBD-Zubereitung ist einer neuen US-Studie zufolge mit signifikanten Verbesserungen bei Patienten mit Daumengrundgelenksarthritis verbunden. Die neusten Ergebnisse der neusten randomisierten, klinischen Studie stehen im Widerspruch zu denen einer dänischen Studie aus dem Jahr 2021. Die schlussfolgerte damals, die orale Verabreichung von synthetischem CBD lindere die Schmerzen bei Patienten mit Handarthrose nicht. Für die neue, kürzlich im Journal of Hand Surgery veröffentlichte Arbeit hatten Forscher*innen der Virginia School of Medicine eine klinische Studie am Menschen konzipiert, um das therapeutische Potenzial von CBD bei der Behandlung von Schmerzen im Zusammenhang mit Daumengrundgelenksarthrose zu untersuchen.
Konrollgruppe erhält Placebo
Sie untersuchten die Anwendung einer Dosis von 2x1/ml pro Tag in Sheabutter gelöstem CBD-Extrakt (6,2 mg CBD/ml). Phase eins der Studie wurde mit 10 gesunden Teilnehmer*innen durchgeführt, die eine Woche lang bei zweimal täglicher Anwendung beobachtet wurden. Nachdem keine unerwünschten Nebenwirkungen eintraten, begannen die Forscher*innen eine doppelblinde, randomisierte und kontrollierte Phase-2-Studie. Dazu wurden achtzehn Teilnehmer*innen mit symptomatischer Daumengrundgelenksarthritis nach dem Zufallsprinzip zwei Wochen lang zweimal täglich mit der CBD-Sheabutter Zubereitung oder nur mit Sheabutter behandelt. Der Behandlung folgte eine einwöchigen Auswaschphase. Danach erhielt die Gruppe, die zuvor nur Sheabutter behandelt wurde, das CBD-Extrakt, während die andere Gruppe reine Sheabutter bekam.
Kanadische Umfrage untermauert die Ergebnisse
"Die Behandlung mit Cannabidiol führte im Vergleich zur Kontrollgruppe zu Verbesserungen bei den von Patienten angegebenen Symptomen, einschließlich Schmerzen auf einer visuellen Analogskala, Einschränkungen des Arms, der Schulter und der Hand sowie der numerischen Einzelbewertung", berichten die Forscher*innen.
"In dieser randomisierten, kontrollierten Studie an einem einzigen Zentrum führte die äußerliche CBD-Behandlung zu einer signifikanten Verbesserung der mit der Arthritis des Daumengrundgelenks verbundenen Schmerzen und Behinderungen, ohne dass unerwünschte Nebenwirkungen auftraten," so das Fazit der Studie.
Kanadische Umfragedaten, die Anfang dieses Monats in der Zeitschrift Clinical and Experimental Rheumatology veröffentlicht wurden, berichten, dass einer von fünf Patienten mit Arthritis angibt, Cannabis therapeutisch zu verwenden.
Wissenschaftler*innen des Technion Israel Institute of Technology veröffentlichten diese Woche eine Studie, der zufolge Verwendung von medizinischem Cannabis einer Gruppe von Krebspatienten geholfen habe, ihre Schmerzsymptomatik "erheblich" zu verbessern. Zudem habe die Therapieform geholfen, andere, krebsbedingte Symptome zu lindern sowie den Opioidkonsum bei den Betroffenen zu reduzieren. Dabei stellten die Forschenden nur sehr geringe bis keine Nebenwirkungen bei der Verwendung von medizinischem Cannabis in der Krebstherapie fest. In der Zusammenfassung der Studie heißt es, Cannabis sei eine „legitime Option zur Schmerzlinderung für Krebspatienten“.
Krebstherapie mit Cannabis in Israel
Die Vorschriften des israelischen Gesundheitsministeriums (IMOH) erlauben die Verordnung von Cannabis bei der Behandlung von Krebspatienten in der Palliativphase sowie von Krebspatienten mit Nebenwirkungen einer antineoplastischen Behandlung. Die Verordnungen werden von spezialisierten Onkologen erteilt, die vom IMOH dafür eine Genehmigung erhalten haben. Der ausstellende Onkologe verordnet dann auf der Grundlage der IMOH-Leitlinien die Cannabis-Dosis, die Einnahmeform sowie die CBD und THC-Konzentration. Als Applikationsformen können das Rauchen sowie eine Inhalation der Blütenstände und/oder Ölextrakte zur sublingualen Anwendung benannt werden. Die Anfangsdosis beträgt 20 g Blütenstände oder dessen Äquivalent in Tropfen pro Monat. Als offiziellen Kontraindikationen in Israel gelten Schwangerschaft, Stillzeit, eine frühere psychotische Diagnose oder eine psychotische Erkrankung in der Familie.
Die Studie
Die Langzeitstudie wurde zwischen Januar 2019 und September 2021 unter Beteiligung fünf verschiedener Institute* durchgeführt. An der Studie konnten hebräischsprachige Patienten über 18 Jahren teilnehmen, die als Cannabis-Patienten registriert waren und über eine entsprechende Diagnose verfügten.
"Traditionell werden krebsbedingte Schmerzen hauptsächlich mit Opioid-Analgetika behandelt, aber die meisten Onkologen halten die Behandlung mit Opioiden für gefährlich, so dass alternative Therapien erforderlich sind", äußerte Studienleiter Prof. David Meiri, Assistenzprofessor am Technion Israel Institute of Technology, in einer Pressemitteilung zur Veröffentlichung der Studie.
"Unsere Studie ist die erste, die die möglichen Vorteile von medizinischem Cannabis für krebsbedingte Schmerzen bei Krebspatienten bewertet; sie sammelt Informationen vom Beginn der Behandlung an und mit wiederholten Nachuntersuchungen über einen längeren Zeitraum, um eine gründliche Analyse der Wirksamkeit zu erhalten“, so Meiri weiter.
„Wir trafen auf zahlreiche Krebspatienten, die uns fragten, ob die Behandlung mit medizinischem Cannabis Ihnen helfen könne. Unsere Überprüfung der aktuellen Studienlage legte nah, dass tatsächlich nicht viel über die Wirksamkeit von Cannabis bekannt ist. Und von dem, was bekannt war, war vieles unschlüssig – insbesondere bei der Behandlung von krebsbedingten Schmerzen“, so Studienmitautor Gil Bar-Sela, außerordentlicher Professor am Ha'Emek Medical Center Afula.
Opiodkonsum merklich gesunken
"Die Patienten füllten vor und während der sechsmonatigen Behandlungsphase anonyme Fragebögen aus. Auf deren Grundlage sammelten wir Daten zu Faktoren wie Schmerzintensität, Analgetikaverbrauch, Belastung durch Krebssymptome, sexuelle Probleme sowie anderer Nebenwirkungen", so Prof. Bar-Sela weiter.
Neben der Schmerz- und Symptomlinderung berichteten viele Patienten über eine Senkung ihres Opioidkonsums. Tatsächlich habe knapp die Hälfte aller Patienten die Einnahme von Schmerzmitteln nach sechs Monaten Cannabistherapie ganz eingestellt.
Abschließend wies Studienleiter Professor Meiri auf die Notwendigkeit hin, die Forschung zum Einsatz von Cannabis im Rahmen der Krebsbehandlung zu intensivieren.
"Obwohl unsere Studie sehr umfassend ist und zusätzliche Perspektiven zur Verwendung von medizinischem Cannabis aufzeigt, waren die Unterschiede bezüglich Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit sowie bei Krebsarten und dem Stadium des Krebses sehr groß. Daher sollten künftige Studien die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis in spezifischen Untergruppen von Krebspatienten mit mehr gemeinsamen Merkmalen untersuchen."
* 1 Faculty of Biology, Biology Department, Technion-Israel Institute of Technology, Haifa, Israel
2 Cancer Center, HaEmek Medical Center, Afula, Israel
3 Department of Oncology, Galilee Medical Center, Nahariya, Israel
4 Azrielly Faculty of Medicine, Bar Ilan University, Zafed, Israel
5 Faculty of Medicine, Technion-Israel Institute of Technology, Haifa, Israel
Die US-Regierung hat angekündigt, Finanzierungsmöglichkeiten zur Erforschung des therapeutischen Potentials von medizinischem Cannabis bei Krebspatienten zu schaffen. In einer Bekanntmachung des National Institutes of Health (NIH) aus der vergangenen Woche berichtet die Behörde, dass aktuell ungefähr ein Viertel aller Krebspatienten angebe, Cannabis zur Linderung ihrer Symptome wie zum Beispiel Anorexie, Übelkeit und Schmerzen zu nehmen.
Das dem NIH unterstellte NCI (National Cancer Institute) soll die Rahmenbedingungen in Form einer Ausschreibung definieren. Das NIH beklagt, dass die Forschungsergebnisse zu gesundheitlichen Auswirkungen, einschließlich einer Schaden-Nutzen Abwägung, derzeit sehr überschaubar seien. Ziel der geplanten Ausschreibung sei, „die Forschung zum Verständnis der Mechanismen zu fördern, durch die Cannabis und Cannabinoide die Krebsbiologie, die Krebsabwehr, die Krebsbehandlung und -resistenz sowie das Management von Krebssymptomen beeinflussen".
Widersprüchliche Daten
"Studien zu anderen Krebsarten haben keinen oder einen widersprüchlichen Zusammenhang mit Cannabiskonsum gezeigt, aber diese Daten sind begrenzt", so das NIH in seiner Mitteilung. Die aktuellen, epidemiologischen Studien zu diesem Thema hätten begrenzte und widersprüchliche Ergebnisse geliefert. Beispielsweise könne Cannabisrauch zwar schädliche Inhaltsstoffe enthalten, werde aber nicht direkt mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko in Verbindung gebracht, heißt es in der Mitteilung. Zu den vermuteten Tumor hemmenden Eigenschaften schreibt das Institut:
"Krebszelllinienexperimente zeigen, dass THC und CBD viele Antitumoreffekte aufweisen können, einschließlich der Apoptoseinduktion und der Hemmung von Zellproliferation, Invasion und Angiogenese. Diese Anti-Tumor-Aktivitäten haben zu ersten klinischen Tests von THC und CBD bei Glioblastom und Prostatakrebs geführt."
Die in Cannabis enthaltenen Substanzen wirkten sich auf das Endocannabinoid-System aus, das eine Rolle beim Ablauf vieler krebsrelevanter Prozesse, wie Zellproliferation, -motilität und -überleben spiele, heißt es in der Bekanntmachung weiter.
Acht Forschungsschwerpunkte auserkoren
Das NCI hat eine Liste mit acht Themenbereichen erarbeitet, die sie zukünftig von Forschenden untersuchen lassen möchte.
- Auswirkungen von exogenem Cannabis und Cannabinoiden auf die Krebsentwicklung (Präneoplasie bis Malignität) und die Biologie, einschließlich der Mikroumgebung des Tumors
- Verstehen, wie endogene Cannabinoidwege die Krebsentwicklung und -biologie beeinflussen
- Definition der Auswirkungen von Cannabis und Cannabinoiden auf die Krebsbehandlung (insbesondere gezielte Behandlungen und Immuntherapie) und die Entwicklung von Behandlungsresistenz
- Verwendung von Cannabis und Cannabinoiden bei der Krebsbekämpfung und Beschreibung, wie Endocannabinoid-Signalwege die Entstehung von Krebs im Frühstadium verhindern können;
- Wirkungsmechanismen von Cannabis und Cannabinoiden bei der Linderung von Symptomen von Krebs und Krebsbehandlung (wie Schmerzen, Übelkeit und Neuropathie);
- Kombinatorische Wirkungen von Cannabis und Cannabinoiden in Verbindung mit anderen Faktoren (z.B. Tabakbestandteile, Alkohol, Mikrobiom oder Ernährung) auf die Krebsbiologie, die Behandlung und das Symptommanagement
- Identifizierung der biologischen Mechanismen, die den geschlechts- oder ethnisch bedingten Unterschieden in der Wirkung von Cannabis und Cannabinoiden auf die Krebsbiologie, die Behandlung oder das Symptommanagement zugrunde liegen; und
- Entwicklung oder Validierung neuer und für den Menschen relevanter Modellsysteme zum Verständnis der Wirkung von Cannabis und Cannabinoiden in der Krebsbiologie, -behandlung oder -symptomkontrolle.
Laut dem NIH sei die Liste lediglich eine Leitlinie. Das Institut fordert die Forschenden auf, innerhalb des vorhandenen Rahmens weitere Forschungsziele zu erarbeiten. So werde nachdrücklich empfohlen, Studien, die Fachwissen aus verschiedenen Disziplinen integrieren, modernste, für den Menschen relevante Modelle (z. B. organoide oder vom Patienten stammende Xenotransplantatmodelle) einzubeziehen und fortschrittliche Technologien und Methoden zu nutzen.
Angesichts der Tatsache, dass Cannabis auf US-Bundesebene nach wie vor eine verbotene Substanz gemäß „Schedule I“ ist und somit, zumindest nach offizieller Lesart, keinerlei medizinischen Nutzen hat, werden Bekanntmachung und Ausschreibung des NIH von Experten als überraschend eindeutig bewertet.
Neue Studie stellt mehr Forschungsbedarf fest
Laut einer aktuellen Studie, die in der Zeitschrift Multiple Sclerosis and Related Disorders veröffentlicht wurde, nutzt mehr als die Hälfte der Kanadier*innen mit Multipler Sklerose (MS) Cannabis zur Symptomlinderung.
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Wissenschaftler*innen der University of Alberta führte eine anonyme Umfrage durch, um den Cannabiskonsum von Kanadier*innen mit MS zu bewerten. Das Team wies darauf hin, dass ähnliche Studien bereits in den Jahren vor der Legalisierung von Cannabis zum Freizeitkonsum 2018 durchgeführt wurden, es sich aber seitdem um die erste Erhebung dieser Art handele.
Erste Studie seit der Legalisierung von Cannabis zum Freizeitkonsum
"Diese Querschnittstudie zielte darauf ab, die Prävalenz des Cannabiskonsums bei Menschen mit MS in Kanada, seine Wirksamkeit bei der Behandlung einer Vielzahl von Symptomen sowie die Häufigkeit und Schwere der unerwünschten Nebenwirkungen zu bewerten. Wichtig ist, dass dies in Kanada seit der Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch im Jahr 2018 nicht mehr untersucht wurde, auch wenn 2003 und 2004 vergleichbare Studien veröffentlicht wurden", so die Forscher.
Und weiter: "Angesichts der Tatsache, dass Cannabis einen Therapieerfolg bei der Behandlung von MS-Symptomen verspricht, ist es wichtig, mehr über die aktuellen Erfahrungen der Patienten zu wissen, um künftige Forschungsbemühungen zu unterstützen sowie wirksame, alternative Therapieschemata zur Behandlung von Symptomen zu entwickeln, die auf eine Verbesserung der Lebensqualität abzielen."
Die Umfrage wurde von 344 Kanadier*innen mit MS beantwortet. Fast 80 % der Befragten hatten ein in Schüben verlaufendes Krankheitsbild, während der Rest entweder an einer fortgeschrittenen Form litt oder sich über den Typ seiner MS nicht im Klaren war. Mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, weiblich zu sein. Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei 45 Jahren.
52,3% nutzen derzeit medizinisches Cannabis
Mehr als die Hälfte (52,3 %) der Befragten gab an, derzeit Cannabis zu verwenden, um die Symptome zu lindern. Weitere 10,2 % gaben an, früher einmal medizinisches Cannabis konsumiert zu haben, es aktuell aber nicht täten.
Cannabis-Nutzer*innen, Nichtnutzer*innen sowie ehemalige Nutzer*innen unterschieden sich nicht signifikant in Bezug auf Alter, Geschlecht oder der Dauer ihrer Erkrankung Im Vergleich zu Patienten, die Cannabis noch nie probiert hatten, litten aktuelle oder ehemalige Konsumenten eher an progressiven MS-Typen, berichteten tendenziell über schwerere Einschränkungen sowie eine schlechtere Lebensqualität und waren seltener auf eine krankheitsmodifizierende Behandlung angewiesen.
"Wir fanden heraus, dass etwa zwei Drittel der Teilnehmer*innen angaben, medizinisches Cannabis zur Behandlung ihrer MS-Symptome verwendet zu haben, wobei diejenigen, die medizinisches Cannabis ausprobiert haben, mit einer größeren Krankheitslast leben als Nichtnutzer*innen", schreiben die Forscher.
Von den derzeitigen Nutzern*innen konsumierten fast drei Viertel (73,8 %) täglich medizinisches Cannabis. In unterschiedlichen Darreichungsformen wie darunter gerauchte oder verdampfte Blüten, Konzentrate in Form sublingualer Öle oder Sprays sowie essbare Zubereitungen (so genannte „Edibles“).
Die häufigsten Symptome, die die Patient*innen mit Cannabis linderten, waren Schlafprobleme (84,1 %), Schmerzen (80 %), Muskelkrämpfe (68,4 %), Stress (66,5 %) und Müdigkeit (59 %).
Zu den häufigsten Nebenwirkungen des Cannabiskonsums gehörten Schläfrigkeit (57,2%), Erschöpfung (48,8 %), Konzentrationsschwierigkeiten (28,4 %) sowie Gleichgewichtsstörungen (22,3 %) und innere Unruhe (17,7 %). Die meisten Patient*innen gaben an, diese unangenehm Nebenwirkungen nicht häufig zu erleben. Mehr als 80 % der Konsument*innen gaben an, dass Cannabis bei der Bewältigung von Spastizität, Schmerzen, Schlafproblemen, schlechter Laune und Stress wirksam sei. Mehr als die Hälfte der Konsument*innen sagte, dass es bei Angstzuständen, Müdigkeit und Kopfschmerzen helfen könne. Nahezu alle Nutzer*innen gaben an, dass es den Appetit anregen könne.
"Diese von den Patient*innen beschriebenen Mechanismen können für die künftige Forschung über die Wirksamkeit von Cannabis bei der Behandlung von MS-Symptomen von Bedeutung sein", heißt es in der Studie.
Kostenfaktor und Unkenntnis sind die größten Hürden
Patient*innen, die den Konsum eingestellt hatten, gaben folgende Gründe an:
- die Kosten und/ oder Probleme bei der Beschaffung (34,4 %)*
- das Gefühl, es helfe nicht (28,6 %)
- unerwünschten Nebenwirkungen (17,1 %).
Kanadische MS-Patient*innen, die noch nie Cannabis konsumiert hatten, gaben als Gründe
- die Unkenntnis der potenziellen Vorteile (34,4 %)
- Desinteresse oder das Gefühl, es sei unnötig (15 %),
- sowie Bedenken hinsichtlich der sozialen Stigmatisierung (14,4 %)
an.
Die Forscher*innen stellten auch fest, dass die meisten MS-Patient*innen nicht durch Vertreter*innen des Gesundheitssystems, sondern durch Freund*innen oder eigene Online-Recherchen vom medizinischen Nutzen von Cannabis bei MS erfahren hatten.,
"Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass evidenzbasierte Ressourcen leicht verfügbar und aktuell sind, um diejenigen zu informieren, die die Verwendung von medizinischem Cannabis bei MS in Betracht ziehen sowie sie zu ermutigen, Diskussionen mit ihrem medizinischen Team anzuregen", schlussfolgert die Studie.
* Anders als in Deutschland können die Therapiekosten in Kanada aus rechtlichen Gründen nicht von den gesetzlichen Kassen übernommen werden.
Der Umfang der Cannabis-Produktion für medizinische Zwecke, den Spanien jährlich an den Internationalen Suchtstoffkontrollrat (INCB) meldet, wird in diesem Jahr sprunghaft ansteigen. Der INCB hat die Aufgabe, die Einhaltung des Einheitsübereinkommens über Suchtstoffe (Single Convention On Drugs) von 1961 zu überwachen. Dazu gehört auch das Monitoring der Cannabisproduktion zu medizinischen Zwecken in den Mitgliedsstaaten.
Spanische Produktion steigt auf sechs Tonnen
Die dem spanischen Gesundheitsministerium unterstellte Agentur für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (AEMPS) hat dem INCB in einer Prognose mitgeteilt, dass Spanien dieses Jahr eine Produktionsmenge von insgesamt sechs Tonnen Cannabis erwarte. Seit Produktionsbeginn im Jahr 2018 hatte Spanien die Mengen nur langsam gesteigert. So waren es zu Produktionsbeginn 2018 noch 400 Kilogramm, ein Jahr später dann eine halbe Tonne. Jetzt wurde die erwartete Menge, welche 2021 noch 600 Kilo betragen hatte, überraschend verzehnfacht.
Die aktuelle Prognose umfasst die Produktion von zwei in Spanien zugelassenen, Cannabis basierten Präparaten sowie die von 22 Einrichtungen mit einer Lizenz für den Anbau von Cannabis zu Forschungs- oder medizinischen Zwecken.
Der Großteil soll exportiert werden
Das ist angesichts der Lage im Land umso überraschender. Denn in Spanien gibt es derzeit noch keine gesetzliche Grundlage, die Ärzten und Patienten im Land ermöglicht, auf eine ähnlich breite Palette Cannabis basierter Medikamente wie in Deutschland zurückzugreifen. Seit 2021 sind medizinische Cannabisblüten aus Spanien auch in deutschen Apotheken erhältlich. Die spanische Regierung arbeitet seit Jahren an einen Gesetz nach hiesigen Vorbild, das jedoch bis heute nicht verabschiedet wurde. So sind laut AEMPS zwei Drittel des produzierten Kontingents auch für den Export vorgesehen.